Butter bei die Fische: Lasst uns offen reden!
- Andrea
- 28. März 2020
- 5 Min. Lesezeit
Yoga ist für viele der Inbegriff von Gleichmut und gutem Karma. Ursprünglich natürlich nicht als Dienstleistung gesehen, ist Yoga in den letzten Jahrzehnten auch bei uns im Westen immer populärer geworden, sind die Ausbildungsstätten wie Pilze aus dem Boden geschossen und haben sich damit auch die Yogalehrer vermehrt wie Sand am Meer. Auch ich lebe seit meiner Ausbildung vom Yoga. Auch ich musste irgendwann begreifen, dass das Thema Geld auch beim Yoga eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Dennoch fällt es mir, und auch vielen meiner Kollegen, nach wie vor schwer über die Preisvorstellung der eigenen Yogastunde zu sprechen. Gerade in der momentanen Zeit, in der wir alle ein wenig mehr zusammenrücken, in der vielleicht auch mal der bis dahin noch nicht gekannte Nachbar gefragt wird, ob man ihm helfen könne, gerade jetzt ist Hilfsbereitschaft (aber auch Geld) ein großes, aber auch ein sensibles Thema. Ich bin in den letzten, auch für mich sehr turbulenten Wochen, ein, zwei Mal gefragt worden, warum ich Geld für meine OnlineYogaStunden nehme. Rücken wir doch momentan eher zusammen und ist doch die Hilfsbereitschaft der Menschen jetzt gerade am meisten zu spüren. Und gerade jetzt, ausgerechnet jetzt, biete ich meine Kurse nicht umsonst an? Ich als Yogalehrerin? Hätte ich nicht die Verpflichtung, gerade jetzt für ALLE da zu sein und nicht nur für die "zahlenden" Teilnehmer?
Ich muss gestehen, dass auch ich mich zunächst schwer getan habe mit dem Thema. Biete ich doch neuerdings Yoga "nur" noch von zu Hause an und nicht Face-to-Face zusammen mit meinen Teilnehmern im Gruppenraum. Ist das nicht sogar weniger Arbeit? Wo ich doch keinen mehr vor mir auf der Matte habe? Sollte da die Stunde nicht wenigstens weitaus günstiger werden? Als sich in den letzten Wochen die Krise dahingehend abzeichnete, dass ich wohl bis auf Weiteres nicht mehr unterrichten darf, war mein erster Impuls, zu versuchen, mit meinen Teilnehmern dennoch den Kontakt zu halten. Ich fühle mich ihnen als Yogalehrerin gegenüber verantwortlich und möchte auch in Krisenzeiten für sie da sein. Auch kann ich mir selbst nicht vorstellen, wochenlang ohne Yoga auszukommen - und genau das konnte ich mir für sie auch nicht. Denn was kann gerade in schwierigen Zeiten bei Angst und Sorgen besser helfen als Yoga? Nachdem ich also alle Möglichkeiten ausgelotet hatte und Youtube & Co. für mich schon von vornherein ausgeschieden waren, kam für mich nur Yoga per Livestream infrage. Genau wie mittlerweile wahrscheinlich die meisten Yogalehrer in Deutschland habe ich mich nächtelang durch technische Anleitungen und Websites gequält, mich auf den neuesten Stand in puncto Technik gebracht und die bestmöglichen Voraussetzungen für das Projekt OnlineYoga geschaffen. Das hat mich nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld gekostet.
Umso schöner war es dann zu sehen, dass die meisten Teilnehmer dieses Angebot so offen und völig unvoreingenommen angenommen haben. Ist es doch auch für sie wahrscheinlich das erste Mal, dass sie sich (technisch aber auch mental) auf so eine andere Art von Yoga einlassen. Damit es nicht noch ungewohnter für sie wird, habe ich mich dann noch dazu entschlossen, die festen Gruppen zu schließen und keine neuen Teilnehmer mit hinzuzunehmen. Denn auch wenn sich die Übenden während der OnlineStunde nicht sehen, das Gefühl schwingt wohl doch bei allen ein wenig mit, dass da nun auch jemand Fremdes mitübt ... Daher habe ich zusätzlich zwei weitere Gruppen geöffnet, die nun diejenigen besuchen können, die keinen festen Kurs bei mir haben, aber dennoch Yoga machen wollen. Dass diese Kurse nun aber auch bezahlt werden müssen, scheint bei manchen auf Unverständnis zu stoßen. Aber warum?
Investiere ich nicht genau die gleiche Zeit und Energie in meine Yogastunden wie vorher? Bereite ich die Stunden nicht mit der gleichen Sorgfalt zu wie die anderen auch? Doch, das tue ich. Natürlich fehlt mir die Hin- und Rückfahrt zu den jeweiligen Yogaräumen, gehe ich doch nun einfach ganz bequem eine Etage höher ... Und natürlich und vor allem fehlt mir der Kontakt zu den Teilnehmern. Dennoch aber arbeite ich weiter, genauso wie jeder andere auch, der von seinem Arbeitgeber ins Home-Office geschickt wurde. Und das vielleicht sogar mit noch ein bisschen mehr Energie und Organisation wie vorher, ist doch für mich eine OnlineYogaStunde momentan weitaus anstrengender und herausfordernder als eine "normale" Stunde. Und auch wie jeder andere, ob er nun arbeitet oder nicht, habe auch ich meine Unkosten, meine sog. Fixkosten weiterzutragen, muss die Miete, müssen die Versicherungen und nun auch noch die Gebühren der verschiedenen Online-Plattformen gezahlt werden.
Dies sind also die wirtschaftlichen Gründen, warum man als Yogalehrer gerade in dieser Zeit seine Stunden nicht umsonst anbieten sollte. Die anderen Gründe könnten unter dem Bereich der Wertschätzung zusammengefasst werden. Denn was bin ich mir selbst wert? Was ist mir meine Arbeit wert? Was würde ich selbst für eine OnlineYogaStunde zahlen? Was bin ich meinen Teilnehmern wert?
Die letzten zwei Wochen habe ich meine Yogastunden online zunächst umsonst angeboten. Zum einen, da auch ich mich mit dem neuen Medium erst zurechtfinden musste, zum anderen aber auch, da ich meinen Teilnehmern die Möglichkeit geben wollte, sich auszuprobieren, sich erstmal mit der Stunde vor der Kamera vertraut zu machen, und zu schauen, ob OnlineYoga überhaupt für sie passt oder nicht. Einige von ihnen haben von vornherein gesagt, dass sie mich lieber live und in Farbe hätten. Das ist in Ordnung, nicht für jeden ist das Üben vor der Kamera das Richtige. Alle anderen, und das waren zu meiner Freude die meisten, waren offen gegenüber meinem Angebot - und sind auch dabei geblieben. Die Rückmeldungen der Teilnehmer waren bis jetzt durchweg positiv, die Stunde tat ihnen gut und sie konnten mal ein wenig abschalten. Einige sagten auch, es sei wie im Yogaraum gewesen, nur eben daheim. Das freut mich sehr und zeigt mir, dass das, was ich tue, gut und richtig ist. Und dafür bin ich unendlich dankbar und froh, so tolle Teilnehmer zu haben. Dennoch wurmt mich natürlich die Frage nach der Bezahlung schon. Wird meine Arbeit von manchen nicht wertgeschätzt? Wird Yoga nicht wertgeschätzt? Schätzt man sich selbst nicht wert? Oder warum möchte man so wenig wie möglich in etwas investieren, was einem ganz offensichtlich doch gut tut? Und Yoga tut nun mal gut, so viel steht fest!!! Ich muss zugeben, ich war ein wenig enttäuscht. In der Krise zeigt sich der Mensch, im guten wie im schlechten. Bin ich nun ein schlechter Mensch, weil ich für meine Arbeit weiterhin Geld verlange? Oder sind es die anderen, weil sie denken, meine Arbeit sei nicht so viel wert, dass man sie bezahlen müsse?
Versteht mich nicht falsch, wer mich kennt, der weiß, dass man mit mir reden kann. Dass ich immer bereit für einen Konsens bin, dass ich immer versuche eine Lösung zu finden und es allen recht zu machen. Ich gebe gerne mal eine Stunde umsonst, veranstalte alle paar Monate Charity-Workshops, um Geld zu sammeln und zu spenden, und ist ein Teilnehmer von mir mal knapp bei Kasse - Kein Problem, dann gibt er mir das Geld später. Kann er nur stundenweise bezahlen? Kein Ding, mach so, wie du kannst. "Ich werde schon nicht verhungern", mein Lieblingssatz in solchen Gesprächen. Das ist in Ordnung für mich, damit kann ich leben, solange wir darüber offen und ehrlich sprechen. Und das mache ich auch hier, ich spreche meine Gedanken über das Thema Geld und OnlineYoga offen aus. Ich will mich nicht rechtfertigen oder erklären müssen, warum ich mir meine Stunden bezahlen lasse, ich will offen und ehrlich damit umgehen und wertgeschätzt werden - für mich und meine Arbeit. Denn auch ich wertschätze die anderen und die Arbeit, die sie machen.

Und solltest Du wirklich der Meinung sein, dass Du Dir Stunde nicht leisten kannst, dass Du momentan dafür kein Geld hast - dann sprich mich an. Wir finden da ganz bestimmt eine Lösung 😉
Bleib gesund und pass auf Dich auf!
Alles wird gut!
Namasté 🙏
Andrea
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